Anmerkungen und Überlegungen zur Becken- und Wirbelsäulenbehandlung von Klaus Radloff

SAM ohne Becken- und Wirbelsäulenbehandlung

In Gesprächen und Zuschriften wird ziemlich häufig berichtet, dass erst nachdem die SAM in mehreren Sitzungen, also bereits mehrmals durchgeführt wurde, erst mit der Behandlung des Beckens und der Wirbelsäule begonnen wird. Eine Vorgehensweise, die für den Regelfall keinesfalls empfohlen werden kann.

Als Gleichnis dazu fällt mir die Geschichte von einem Eisenbahnunglück ein. Ein Zug fährt in den Bahnhof und bei seiner letzten Bremsung vor dem Halt klappt eine Wagontür zu und klemmt mit lautem Knall einem Fahrgast, der vom fahrenden Zug abspringen wollte, die Hand ein. Um den Verunglückten sammelte sich ziemlich schnell eine riesige Menschenmenge auf dem Bahnsteig, der Notarzt spritzte an Ort und Stelle Morphium und Niemand kam auf die Idee die Eisenbahntür wieder zu öffnen.

Klar, handelt es sich dabei um eine absolut unreale, satirisch überzeichnete Geschichte, die sich aber als Parabel zum Behandlungsvorgehen – SAM ohne Becken- und Wirbelsäulenbehandlung – gut eignet. Zur Verdeutlichung stelle man sich einen Patienten, der unter erheblichen Rückenbeschwerden – vielleicht sogar einem Bandscheibenvorfall leidet, vor. Dass sich bei einer derartigen Vorgeschichte das Becken meist stark verwrungen hat und dass sich daraus viele Fehlstellungen in der Wirbelsäule ergeben, dürfte ebenso vorstellbar sein. An jeder dieser Fehlstellungen in den Ilio-Sakralgelenken und an fehlartikulierenden Wirbelgelenken wird der Energiefluss behindert, staut sich Energie.

Mit einer SAM-Ventral wird ein Energieüberfluss des Rückens zunächst abgebaut und die Beschwerden vermindern sich im Anschluss an die Behandlung. Da dieser positive Effekt meist nur kurzfristig sein kann, sollte deshalb beim Behandler nicht unbedingt Stolz aufkommen. Die Begründung für die schnell vorübergehende Wirkung ist der Ebbe- und Fluteffekt, denn nach kurzer Zeit flutet die ins Yin-Gebiet verlagerte Energie zurück ins Yang und wird dort von den Fehlstellungen der Wirbel und des Beckens erneut festgehalten. Damit ist der vor der Behandlung bestehende Zustand wieder hergestellt.

Optimaler die Wirkung der SAM, wenn während in der gleichen Behandlung die Fehlartikulationen der Becken- und Wirbelgelenke normalisiert wurden. Die ins Yang-Gebiet zurückflutende Energie kann nun weniger behindert die Wirbelsäule und das Becken passieren und staut sich deshalb dort weniger intensiv auf. Eine anhaltende Verbesserung der Beschwerden ist deshalb sicherer und viel eher wahrscheinlich.

Diese Überlegungen sind Thema in jedem B-Kurs und es verbleibt deshalb die Frage, warum offenbar recht viele Kolleginnen und Kollegen sich entscheiden erst nach einigen Behandlungen, die ausschliesslich aus Spannungsausgleichsmassagen bestehen, zur Behandlung der Beckengelenke und der Wirbelsäule übergehen. Da wird u.a. argumentiert, dass die Beschwerden der Patienten so intensiv seien, dass ihnen die komplette Behandlung wegen dadurch wahrscheinlich zusätzlich zugefügter Schmerzen nicht zugemutet werden kann. Diese Begründung trifft nur in seltenen Fällen zu und sollte ohne die Beckenbehandlung überhaupt versucht zu haben nicht verwendet werden. Dabei ist es immer wieder erstaunlich zu sehen, dass selbst Patienten mit hochgradigen Schmerzuständen die Beckenbehandlung nicht nur tolerieren, sondern sie oft als „ausgesprochen angenehm“ beschreiben.

Weiter wird auch die Nichtmiteinbeziehung von Becken und Wirbelsäule während der ersten Behandlungen mit Zeitmangel begründet. Die Energetik sei in solchen Fällen oftmals derartig gestört, wird gesagt, dass es aus zeitlichen Gründen nicht zur Behandlung der Statik kommt. An dieser Stelle sollte überlegt werden wie gross der zeitliche Rahmen für eine ESB/APM/ORK ist. Da die überwiegende Mehrheit aller Kolleginnen und Kollegen via EMR über die Krankenkassen abrechnen und von diesen Institutionen mindestens eine einstündige Behandlung vorausgesetzt wird, dürfte diese Frage dadurch geklärt sein. Selbst wenn die sehr gründlich durchgeführte SAM eine halbe Stunde erfordern sollte, verbleiben die restlichen 30 Minuten für die statische Behandlung. Dazu kommt die Beobachtung, dass eine perfekt durchgeführte SAM den Zeitbedarf der statischen Behandlung deutlich reduziert.

Vermutlich, und das wird kaum eingestanden, zählt die aus mangelnder Routine entstehende Unsicherheit zu den Gründen das Becken und die Wirbelsäule möglichst zunächst nicht zu behandeln. Routiniert kann man aber nur durch wiederholtes Tun werden und dazu kommt es bei diesem Behandlungsvorgehen nicht, weil der Patient sich mangels von ihm bemerkbarer Erfolge bereits nach den ersten, wenigen Behandlungen dauerhaft „verabschiedet“.

Jetzt bin ich mir der Tatsache voll bewusst, dass diese Überlegungen eine grosse Portion Kritik enthält. Kritik ohne Benennung von Abhilfe wird zu recht als zerstörerisch empfunden. Anders dagegen wenn sie durch Lösungshinweise zur konstruktiven Kritik wird. Daher hier im Anschluss weitere Überlegungen und ich hoffe hilfreiche Hinweise.

Die Auswirkung exakter energetischer Vorbehandlung auf die ISG

Beim B-Kurs ist u.a. die Beurteilung der Beckenstellungen notwendige Zielsetzung. Andererseits müssen A-Kursinhalte wiederholt und vertieft werden. Um das Ganze etwas attraktiver zu machen, können diese beiden Themen miteinander verknüpft werden. Deshalb wird als Übung zunächst eine SAM-Befundung durchgeführt, im Anschluss daran die Beckenstellung getastet und deren Auswirkungen auf die Beinmuskulatur beobachtet.

Die Stellung des Beckens wird nach der SAM erneut beurteilt und sofern es mit der SAM gelang alle druckempfindlichen Zonen der Helix und der Helixrinne abzubauen, befinden sich die Sitzbeinhöcker in einer ausgeglichenen Position und die Abstände zwischen den Fersen und dem Gesäss sind nun auf beiden Seiten gleichgross.

Mit diesem Effekt lässt sich u.a. die oft gute Wirkung der ESB/APM bei Rückenbeschwerden mit den Kenntnissen des A-Kurses erklären. Die Beckenstellung und der Tonus der Rückenmuskulatur normalisieren sich durch eine SAM und sofern Rückenbeschwerden keinen allzu ausserordentlich gravierenden Hintergrund haben, lassen sie sich allein durch die energetische Einwirkung einer SAM positiv beeinflussen.

Das Ergebnis der oben beschriebenen Übung im B-Kurs kann aber keinesfalls als Lösung der Fehlartikulation der ISG angesehen werden, denn mit optischer Gradheit ist die physiologische Beweglichkeit dieser Gelenke sehr wahrscheinlich noch nicht erreicht. Das lässt sich auch regelmässig durch Anwendung von sog. „Provokationsgriffen“ belegen, von denen ein einziger Griff genügt, die durch die SAM hergestellte Ordnung zu zerstören.

Das bedeutet aber auf gar keinen Fall, dass die SAM wertlos gewesen ist, denn dadurch vermindert sich erfahrungsgemäss der benötigte Zeitaufwand für die Behandlung des Beckens und der Wirbelsäule. Durch die so erzielte Entspannung vereinfacht sich die statische Behandlung. Dieser Vorteil lässt sich jedoch durch eine zeitlich sehr ausgedehnte energetische Behandlung nicht vergrössern. Der Abbau der Helix und Helixrinnenzonen kann als Signal für das Ende einer SAM gewertet werden.

Becken: Die Vorstellung ist alles!

Die Behandlung der Beckengelenke und die der Wirbelsäule werden einfacher und wirkungsvoller, wenn eine bildhafte Vorstellung von den zu behandelnden Strukturen und den beabsichtigten Einwirkungen darauf besteht. Behandlungsgriffe einfach nachzuahmen verspricht wenig Erfolg. Ich habe mir die Herstellung eines Videoclips über die Behandlung vorgenommen und da ich mich als zu wenig hübsch empfinde, ist es geplant die Rolle des Behandlers einem möglichst ansehnlichen Schauspieler zu übergeben. Dem würde ich selbstverständlich die für die Behandlung notwendigen Griffe zeigen und er würde sie wahrscheinlich perfekt nachahmen und damit im Film, nicht aber bei wirklichen Behandlungen erfolgreich sein. Seine Griffe wären vermutlich wirkungslos, da ihm die Vorstellung von der Wirkung der Griffe und der tatsächlichen Zielsetzung fehlen würden.

Also, ahmen Sie Griffe nicht einfach nach, sondern überlegen Sie sich, was Sie und wie Sie etwas bewegen wollen. So wird beispielsweise mit dem „Dackelgriff“ die von Ihren beiden Händen gegriffene Beckenhälfte durch Druck der einen und Zug der anderen Hand in Richtung zugleich in Vorschrittsposition bewegt. Gleichzeitig bewegt der Unterschenkel des Behandlers die andere, ihm zugewendete Beckenhälfte in eine Rückschrittsposition. Je bildhafter die Vorstellung davon ist, desto präziser kann der Behandlungsdruck platziert und umso weniger Griffe müssen gemacht werden. Sinngemäss gilt das ebenso für die Behandlung der transversalen Achse. Vergegenwärtigen Sie sich die Zielsetzung, machen Sie sich ein Bild in Ihrer Vorstellung davon und Sie werden mit meist wenigen Griffen das Becken „gerichtet“ haben. Selbst diejenigen unter Ihnen, die kaum Schwierigkeiten mit dem Becken haben, werden bei Anwendung dieser Empfehlung merken, noch effektiver und schneller wirken zu können.

Die schmerzhafte Beckenbehandlung

Die Vermutung dass die Behandlung unter Umständen schmerzhaft sein könnte, bringt nicht weiter! Vergewissern Sie sich und versuchen Sie in jedem Fall die Iliosakralgelenke und im Anschluss daran die Wirbelsäule zu behandeln. Das gelingt selbst bei Patienten mit hochgradigen Schmerzzuständen fast immer. Nur in seltenen Ausnahmefällen wird dabei Schmerz empfunden, der mit keiner Behandlungsvariante vermieden werden kann.

Angenommen, ich füge meinem Patienten mit dem Dackelgriff Schmerz zu, dann vermute ich zunächst fehlerhaft befundet zu haben und versuche den Griff auf der anderen Seite durchzuführen. Ist auch das schmerzhaft, versuche ich das Problem durch Behandlung der transversalen Achse zu lösen und bewege die sich in transversaler Fortschrittposition befindliche Beckenhälfte in Richtung Rückschritt. Sofern dabei ebenfalls Schmerzen auftreten wird die andere Beckenhälfte in Richtung Vorschritt bewegt und wenn auch dass nicht toleriert wird bedeutet das, das Ende der Beckenbehandlung für diesen Tag. Der Patient wird beim Vorliegenden von Füllezuständen von mir angehalten Eis zu verwenden und wird zum nächsten Tag wieder bestellt. Sollte dann die Beckenbehandlung sich erneut als generell schmerzhaft herausstellen, muss ich auf die Behandlung der Beckengelenke verzichten und entweder mit den Mitteln des C-Kurses weiter behandeln oder dem Patienten einen anderen Behandler (Arzt, Heilpraktiker etc.) empfehlen.

Die zeitaufwändige Beckenbehandlung

Der Zeitbedarf bei Erstbehandlungen der ISG kann nicht normiert werden. Er hängt einerseits von der Ausmass und der Intensität der Gelenkblockaden und andererseits stark von der Präzision der Behandlungsgriffe ab. Als ungefährer Anhaltspunkt können m.E. 10 Minuten als durchschnittlich angesehen werden. Sofern die Behandlung der ISG diesen Zeitrahmen überschreitet, sollten ergänzende Massnahmen in Erwägung gezogen werden. Auf gar keinen Fall darf, bevor die Beckengelenke entwrungen sind mit der Behandlung der Wirbelsäule begonnen werden.

Eine einfach zu behebende Ursache können Narben im Bauchbereich, wie auch Dammrisse und Dammschnitte etc. sein. Charakteristisch dafür ist die ständig zwischen beiden Seiten wechselnde transversale Fehlstellung, bei der die übliche Angleichung der Abstände nicht stattfindet. Momentane Abhilfe bringt das Eincremen dieser Narben mit einer energetisch leitfähigen Creme. Diese Cremes lösen zwar die von diesen Narben verursachten energetischen Blockaden in der Regel nicht, sie „überbrücken“ sie nur vorübergehend. Das reicht jedoch aus um das Becken in dieser Sitzung ohne weitere Schwierigkeiten zu behandeln. Die eigentliche Narbenbehandlung kann dann in der nächsten, erfahrungsgemäss weniger Zeitaufwand erfordernden Sitzung stattfinden.

Eine weitere Möglichkeit Zeit zu sparen bietet oft das „Auspumpen“ mit dem Alkohol-Wassergemisch. Die dem zu Grunde liegende Überlegung ist, dass Entzündungs- und Reizzustände innerer Organe über das Myotom und Dermatom auf die Wirbelsäule einwirken und so mit ihren Kompensationen auch das Becken beeinträchtigen. Abhilfe kann das Aufsuchen und Behandeln der intensivsten bindegewebigen Verquellungen am Rücken bringen. Die Behandlung dieser Zonen kann zeitlich kurz sein und reicht dennoch aus um ihr „Störfeuer“ ins Becken zu unterbrechen.

Noch „hartnäckiger“ können Iliosakralgelenke nach meist lange Zeit zurückliegenden gravierenden traumatischen Einflüssen, wie beispielsweise eines „Banji-Jumping ohne Seil“ sein. Hier können sich gelegentlich Behandlungszeiten von bis zu einer Stunde und länger ergeben. Eine endlose erscheinende Arbeit, die jedoch vom Behandlungserfolg meist mehr als belohnt wird. Dazu kommt noch, dass Folgebehandlungen bei diesen Hintergründen sich annähernd immer in nur wenigen Minuten durchführen lassen.

Mögliche paradoxe Reaktionen nach Beckenfrakturen

Beckenfrakturen bewirken gelegentlich paradoxe Reaktionen bei der Behandlung. Angenommen eine transversale Vorschrittblockade soll behandelt werden. Der „Dackelgriff“ wird eingesetzt und das dem Behandler abgewendete Bein im Kniegelenk flektiert. Dabei wird u.U. die Beobachtung gemacht, dass trotz korrekter Beurteilung der Beckenstellung sich der Fersen-Gesässabstand nicht verringert, sondern im Gegenteil deutlich sichtbar zunimmt. Bei der Nachkontrolle der Beckenstellung zeigt sich, dass sich die transversale Fehlstellung gleichzeitig noch verstärkt hat. Sinngemäss gleiches Verhalten tritt bei der Behandlung der longitudinalen Achse auf. Der Versuch den breiteren Abstand auf der Seite des longitudinalen Vorschritts zu verschmälern, bewirkt entgegen der Erwartung dessen Verbreiterung.

Eine allgemein gültige Behandlungsanweisung kann für diese Fälle nicht gegeben werden. Wichtig erscheint es mir mit meinen Behandlungsgriffen den Abstand zwischen der Ferse und dem Gesäss zu reduzieren. Dabei geschieht es durchaus, dass ich entgegen meinem Tastbefund auf der „falschen Seite“ arbeite. Nach mehr oder weniger dieser paradoxen Bewegungen stellt sich dann das ansonsten übliche Beckenmuster ein.

Absolut unbewegliche ISG

Völlig unbewegliche Iliosakralgelenke kommen meiner Erfahrung nach nur extrem selten vor. Am häufigsten habe ich sie als Folge von Operationen, mit denen die ISG versteift wurden angetroffen. In solchen Fällen kann und darf die Becken- und Wirbelsäulenbehandlung der ESB/APM selbstverständlich nicht verwendet werden. Es kann nur versucht werden Einflussnahme auf das Schmerzgeschehen mit energetischen Einflussnahmen zu erreichen. Dabei halte ich die Prognosen für zweifelhaft solange der internistische, rheumatologische oder gynäkologische Anlass für die versteifende Operation noch aktiv ist. Einen sich über nicht allzu viele Behandlungen erstreckenden Versuch sind derartige Zustände natürlich immer wert.

Ein Morbus Bechterew und andere entzündliche und versteifende Erkrankungen der ISG sollen der Literatur und dem Vernehmen nach derartige Verwachsungen ebenfalls bewirken. Nach bisherigen Erfahrungen zeigt sich jedoch, dass sich bei vielen, auch sehr fortgeschrittene Erkrankungen dieser Art die Iliosakralgelenke zwar mit erheblichem Kraft- und Zeitaufwand, aber sehr häufig dennoch bewegen lassen. Gegen eine, sich an die Beckenbehandlung anschliessende Wirbelsäulentherapie ist deshalb nichts einzuwenden und diese Patienten werden dadurch in der Regel zwar meist beschwerdefrei aber verständlicherweise kaum beweglicher.

Die Kennzeichen versteifter ISG sind die durch keinen Behandlungsgriff veränderbaren Beckenstellungen. Eine Bewegung des Kreuzbeins findet selbstverständlich dann auch nicht statt.

Hypermobile ISG

Hypermobile ISG sollen hier, weil sie immer mal wieder von der Kollegenschaft ins Gespräch gebracht werden, erwähnt werden. Innerhalb von etwa 25 Jahren ist mir nur ein Patient begegnet, bei dem beide Iliosakralgelenke überbeweglich waren. Soweit ich mich erinnern kann, konnte ich auf dessen Rückenbeschwerden keinen Einfluss nehmen. Damit müsste die Häufigkeit dieser Erscheinung eingeschätzt worden sein und ich meine, dass dieser Effekt in praktischen Behandlungen kaum eine Rolle spielen dürfte.

Im Zusammenhang mit der Hypermobilität der ISG wird nicht selten behauptet, dass ein Iliosakralgelenk hypermobil oder normal beweglich und das andere unbeweglich oder blockiert sei. Mit den Beobachtungen der ESB/APM lassen sich diese Behauptungen nicht bestätigen, denn wie anders als mit der Begründung beide seien blockiert, lässt sich das meist vielfache hin- und herbewegen in gegensätzliche Beckenstellungen mit unseren Behandlungsgriffen begründen? Vielleicht lässt es sich als Kompromiss formulieren, dass eines der beiden ISG stärker und das andere weniger intensiv blockiert ist. Das allerdings dürfte praxisfremde Theorie sein und hat keinen Einfluss auf die Behandlung.

Der Unterschied zwischen „Entwringung“ und „Mobilität“

Ziel einer Beckenbehandlung ist die Wiederherstellung der normalen, physiologischen Beweglichkeit der Iliosakralgelenke. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich im Fall der Blockade dieser Gelenke, diese sich möglicherweise während mehrerer Jahre nicht bewegt haben.

Bei der Befundung des Beckens fallen u.U. die gegensätzlichen Stellungen einer Beckenhälfte auf. Da wird auf einer Seite die Blockade der Beweglichkeit um die transversale Achse im Sinn eines Vorschritts angetroffen. Gleichzeitig besteht beispielsweise auf der gleichen Seite eine Rückschrittblockade um die longitudinale Achse und die sagittale Stellung weist wiederum auf einen Vorschritt hin. Gleiches gilt für die Beckenhälfte der anderen Seite. Das Becken ist verwrungen und erste Aufgabe der Behandlung ist es hier normale Stellungen einzustellen, das Becken zu entwringen.

Das geschieht Behandlungsgriffen, mit denen die Beckenschaufeln gegen das Kreuzbein in den ISG vom Therapeuten, also passiv bewegt werden. Dabei dürfte nachvollziehbar sein, dass es vieler derartiger passiv durchgeführter Bewegungen bedarf, bis die ursprünglich mit jedem Schritt ablaufende Beweglichkeit wieder hergestellt, die Mobilität der ISG erreicht ist.

Als Kontrolle kann die Beweglichkeit vom Kreuzbein genutzt werden. In Bauchlage des Patienten wird erst das eine, dann das andere Bein im Kniegelenk gebeugt. Das Kreuzbein und tastbar das Steissbein bewegt sich unter diesem Griff auf die Seite des flektierten Beines zu. Bei der Beckenbehandlung wird dieser Griff als „Rückstellung“ bezeichnet und die Bewegung des Kreuzbeins erfolgt bei den ersten Behandlungen des Beckens erst gegen Ende der Unterschenkelbewegung, etwa bei einem Winkel von 135 Grad und mehr.

Das Kreuzbein und damit die tast- und beurteilbare Steissbeinspitze sollten sich unter dieser Bewegung bereits bei einer Flexion von etwa 45 Grad jeweils auf die Seite des gebeugten Unterschenkels hinbewegen.

Kennzeichen „Freies Becken“

Ein ausgeglichener Tastbefund signalisiert dem Behandler nicht unbedingt, dass das Becken keinerlei Behandlung benötigt, denn optische Makellosigkeit sagt nichts über die Funktion der ISG aus. Das Ziel der Beckenbehandlung der ESB/APM geht weit über eine „gerade“ Beckenstellung hinaus. Es soll die normale Beweglichkeit der Iliosakralgelenke wieder hergestellt werden. Neben der Energetik unterscheidet sich die Behandlung der Beckengelenke der ESB/APM genau durch diese Forderung (Wiederherstellung normaler Beweglichkeit der ISG) von anderen Wirbelsäulen-Therapien. Dass diese Zielsetzung der ESB/APM nur mit gegenüber anderen Therapien erhöhtem Arbeitsaufwand zu erreichen ist, dürfte verständlich sein. Ein Mehr an Arbeit, dass jedoch durch eindeutig überlegene Therapieerfolge mehr als ausgeglichen wird.

Im Verlauf der Behandlung gelangt man an dem Punkt, an dem die Sitzbeinhöcker in ausgeglichener Stellung getastet werden. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass das Becken entwrungen und die Beckenbehandlung beendet ist. Um eine Beurteilung darüber vorzunehmen, sollte die Weite der Knieflexion beider Seiten überprüft und verglichen werden. Dazu wird zunächst ein Kniegelenk in Bauchlage des Patienten gebeugt und die Flexion bis zum ersten, leichten Widerstand vom Behandler geführt und dieselbe Prozedur danach mit dem anderen Bein wiederholt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Becken entwrungen ist, ist bei beidseitig gleichem Abstand gross. Die gleichzeitige Flexion beider Kniegelenke empfiehlt sich nicht, da der Druck auf die beiden Unterschenkel ungleichmässig ausfallen und deshalb die Beurteilung unsicher werden kann.

Die Forderung nach beidseitig gleichen Flexionsabständen kann nach Operationen und Verletzungen des Kniegelenks mit Bewegungseinschränkungen nicht in jedem Fall erfüllt werden. Dabei müssen andere Kriterien zur Beurteilung, wie beispielsweise die Ohrreflexzonen-Kontrolle eingesetzt werden.

Angenommen beide Sitzbeinhöcker befinden sich in ausgeglichener Position aber die Fersen-Gesässabstände sind ungleich. Das bedeutet, dass die Arbeit mit den ISG noch nicht beendet ist. Da sich aus den unterschiedlichen Abständen die aktuelle Beckenstellung nicht ableiten lässt, bedarf es weiterer Massnahmen um darüber Kenntnisse zu erlangen. Gemeint sind damit die sog. Provokationsgriffe.

Die Zielsetzung der Provokationsgriffe ist es die Beckenstellung auf äusserlich nicht erkennbare Verwringungen zu überprüfen. Sofern die ISG noch nicht vollständig entwrungen sind, werden die noch vorhandenen aber nicht tastbaren Fehlstellungen besonders deutlich dargestellt und es kann nun die so verdeutlichte Beckenstellung weiter behandelt werden. Nicht wenige Therapeuten befürchten bei Anwendung dieser Griffe das bisher erreichte Behandlungsergebnis zu zerstören. Sie meinen u.U. mit der Behandlung des Beckens erneut beginnen zu müssen. Das ist jedoch niemals der Fall.

Unter Provokationsgriffen können alle für die Beckenbehandlung ansonsten eingesetzten Behandlungsgriffe verwendet werden. Der einzige Unterschied gegenüber Behandlungsgriffen ist, dass nach ihrer Durchführung das Becken nicht zurückgestellt, also der Unterschenkel nicht flektiert werden darf, denn durch diese Bewegung würde das Ergebnis der Provokation sofort ausgelöscht werden.

Sind die Abstände zwischen den Fersen und dem Gesäss auf beiden Seiten gleichgross und durch Provokationsgriffe keine Veränderungen zu erzielen, bleibt als letzte und entscheidende Bestätigung die Kontrolle der ISG-Ohr-Reflexzonen. Sind auch diese nicht vorhanden kann davon ausgegangen werden, dass das Becken i.O. ist und nun die Wirbelsäule behandelt werden.