Klaus Radloff 2009

Argumente für Milch-, Salatfreaks und Körnchenpicker

Die dritte Lumbalgie an diesem Arbeitstag. Da sind ESB/APM/ORK-Therapeuten mal gelangweilt und mal frustriert, ihren Patienten immer wieder die gleichen Geschichten erzählen zu müssen. Deshalb hier der Versuch andere Argumentationshilfen zu bieten.

Als Verursacher eines großen Anteils von Lumbalgien, Hüftgelenks- und Kniebeschwerden hat sich der Dickdarm herausgestellt und mit der Benennung dieser Ursache beginnen die Schwierigkeiten. Der Patient glaubt unter einer orthopädischen oder rheumatologischen Erkrankung zu leiden und nun kommt ein Therapeut und erzählt ihm etwas vom Dickdarm. Sein Misstrauen beginnt, denn Bauchweh und andere Darmbeschwerden hat er ja nicht. Einziges, eventuell darauf hinweisendes Symptom könnten Blähungen sein. Warum aber sollten die seine Rückenschmerzen verursachen? Das zweifelhafte Wissen, dass der Ort der Beschwerden auf die tatsächliche Ursache hinweist ist „Allgemeinwissen“ und derartig geprägt, dass dem Patienten die Verbindung von Internistik und Statik als an den Haaren herbeigezogen, als unmöglich erscheint. Hier bedarf es treffender Argumente, damit der Behandler nicht als unglaubwürdiger Spinner erscheint.

Einmal geht es darum den Zusammenhang zwischen der Muskulatur der Lendenwirbelsäule und dem Dickdarm zu erläutern. Ich entwickele dazu das Bild vom grossen Steuerungs-Computer, dem Gehirn, der seine Impulse über einem Kabelbaum, dem Rückenmark in den Körper sendet. Zwischen jeweils 2 Wirbel treten Leitungen (Nerven) heraus, die ihrer Etage einen Teil eines Organs, etwas Rückenmuskulatur und Haut versorgen. Es wird bei diesem Gebilde von einem Segment gesprochen. Befindet sich das hier angeschlossene Organ in einem Reizzustand, dann teilt sich dessen Störung den anderen Mitgliedern dieser nervlichen Versorgung mit. Die Haut entwickelt ein mehr oder weniger intensives Ödem, sie kneift bei leichtem Abrollen und die Muskelspannung nimmt zu. Dieser erhöhte Muskeltonus wirkt auf Wirbel ein und es reicht eine belanglose Bewegung, um einen Hexenschuss auszulösen.

Häufig reicht jedoch das o.g. Argument nicht aus um das durch Gesundheitsendungen im Fernsehen und durch die Regenbogenpresse geprägte „Facharztdenken der Patienten“ auszuhebeln. Dann erzähle ich als Gleichnis die Geschichte meiner sehr ordentlichen aber ebenso dummen Putzfrau um das unzutreffende Denkmodell „Schmerzort gleich Ursache“ aufzuweichen. Ihr hatte ich vom Garten aus Sonnenlicht mit einem Taschenspiegel in einen Raum reflektiert und sie hat versucht den Lichtfleck wegzuputzen.

Dagegen das Patientenargument: „Bei meiner letzten Lumbalgie hat mir der Arzt eine Spritze mit einem Schmerzmittel und einem Entzündungshemmer gegeben. Danach war ich beschwerdefrei bis heute.“ Antwort: Ja, dass ist eine gute Sache. Vergleichsweise könnte man das Licht im Wohnzimmer ausschalten, statt es aufzuräumen. Verdunkeln statt die Ursache aufzuräumen.

Der Komposthaufen „Dickdarm“

Als nächstes Argument sollten Taten erfolgen. Um weiter überzeugend zu sein, sollte der Bauch des Patienten perkutiert, beklopft werden. Dazu wird eine Hand so auf den Bauch des Patienten gelegt, dass sie, ohne Hohlräume zu bilden die Haut berührt. Mit einem steil gestellten Finger der anderen Hand wird nun die auf der Bauchdecke liegende Hand beklopft. In vielen Fällen wird es sich dabei anhören, als wenn eine Trommel geschlagen wird. Das normale, nicht an eine Trommel erinnernde Geräusch kann übrigens durch perkutieren des Oberschenkels erzeugt werden.

Auf die Frage, wie es zu diesem Trommelgeräusch kommt, wissen übrigens die wenigsten Antwort. Dass es sich dabei um Gase, präziser ausgedrückt um brennbare Methangase handelt muss häufig erklärt werden und gelegentlich wird widersprochen und es wird behauptet man habe keine Blähungen. Kaum zu glauben aber wahr: In Estland wurde Anfangs des Jahres 2008 eine „Kuhsteuer“ eingeführt, die für jedes Rindvieh bezahlt werden muss, weil die von Gräsern lebenden, friedlichen Tiere jede Menge umweltschädliches und das Ozonloch vergrößernde Methangas produzieren. Wann wird diese Steuer für Menschen weltweit eingeführt?

Salat und Rohkost gelten allgemein als „gesund“, weil sie jede Menge Vitalstoffe, wie Vitamine und Spurenelemente enthalten. Dazu enthalten sie weiter wertvolle Ballaststoffe. Diese wertvollen Bestandteile sollen keineswegs angezweifelt werden, es muss aber die Frage nach deren Resorption gestellt werden. Der Lebensmittelchemiker und Medizinjournalist Udo Pollmer beschreibt in seinem Buch „Prost Mahlzeit – Krank durch gesunde Ernährung“ die Entwicklung des Menschen vom Rohköstler zum Allesesser. Eine Geschichte, die sich ebenfalls zur Argumentation eignet:

Vor 40.000 Jahren begann der Mensch Verdauungsaufgaben außerhalb seines Körpers zu erledigen. Durch Kochen und Braten hatte er einen derartigen Energiegewinn, dass sich sein Gehirn beträchtlich vergrößern konnte. Gleichzeitig konnte sich der Dünndarm, der bei jedem rohköstlerisch lebenden Lebewesen zwecks Aufschlüsselung der verhältnismäßig spärlich enthaltenen Nährstoffe unverhältnismäßig lang ist, zurückbilden. Wer sich heutzutage von Rohkost ernährt, fordert einen längeren Dünndarm und verzichtet im Gegenzug auf Teile seines Gehirns.

Der inzwischen kurze Dünndarm ist Erklärung für diese Problematik. Rohkost wird nicht mehr aufgeschlüsselt, sondern bewegt sich als „gärende Biomasse“ träge in Richtung Ausgang. Diese unphysiologische Darmfüllung bewirkt nicht nur wegen ihrer Gasentwicklung vielfältige Reizungen der Darmschleimhaut, die ihren eigentlichen Effekt, die Aufnahme von Vitaminen etc. verhindern. Zur Abhilfe könnte versucht werden, Rohkost, also den Salat warm zu servieren. Dazu wird das Gemüse sehr kurze Zeit in Boullion gekocht, nach Belieben gewürzt und warm gegessen. Dadurch bleiben Vitamine & Co erhalten und können, weil der Verdauungsakt durch das Blanchieren bereits eingeleitet wurde, voll resorbiert werden. In Gourmettempeln wird für einen „Warmen Salat“ übrigens viel Geld genommen. In China wird der Bauch als heilig angesehen und wie ein Baby gehegt und gepflegt. Deshalb wird kein Chinese seinem Verdauungstrakt Kaltes oder Rohes zuführen.

Ballaststoffe, die Gewinnoptimierer

Ohne Ballaststoffe keine Gesundheit. So vermittelt uns das die Lebensmittelindustrie in den von ihr bezahlten Gutachten. Bis ins späte Mittelalter galt derjenige der die Mahlabfallprodukte im Mehl beließ als Geizhals. Erst die Hitlerpartei machte dem ein Ende und vermehrte so die Ernteerträge. So glaubte man die Bevölkerung und die Soldaten eher mengenmäßig ausreichend ernähren zu können. Nach dem 2. Weltkrieg führte die Backindustrie diesen Trend gerne weiter, denn Ballaststoffe sind deutlich billiger als reines Mehl.

In der Werbung wird natürlich immer wieder betont, wie wertvoll sie sind und darüber hinaus werden sie als Schlankmacher gepriesen. Analysen haben ergeben, dass Ballaststoffe keine Kalorien enthalten. Diese Aussage ist bei erster Betrachtung richtig. Bei näherem Hinsehen zeigt es sich aber, dass sie durch Gärung in Fuselalkohole umgewandelt werden. Die aber haben ihren Brennwert, sind u.U. verantwortlich für Kopfweh und bei der Entstehung des „Komposthaufens Darm“ nicht unwesentlich mitbeteiligt.

Milch macht muntere Männer müde

Das Kuhmilch nicht unbedingt und für jeden bekömmlich ist, dürfte sich bereits weitgehend herumgesprochen haben. Dennoch für die Unbelehrbaren hier etwas Argumentationshilfe: Paracelsus vertrat die Meinung, dass alles Gift sei und dass die toxische Wirkung von der Menge abhängig sei. Diese Aussage trifft auch auf Milch- und Milchprodukte zu. So gab eine Kuh etwa 1950 täglich viereinhalb Liter Milch. Die Leistung der heutigen „Turbokühe“ beträgt zwischen 25 und 40 Liter pro Tag. Dazu kommt noch, dass sich die Zahl der Rinder seitdem vervielfacht hat. Für Milchprodukte wird deshalb intensiv geworben und das mit Argumenten, die nicht unbedingt stimmen. Wichtig ist, dass der Butterberg abgebaut und der Milchsee trocken gelegt wird. Mit welchen Mitteln da um Konsumenten gekämpft wird, mag der Umstand belegen, dass die Milchindustrie in Ländern der 3. Welt Ärzten namhafte Prämien zahlt, die ihren bitterarmen, stillenden Patientinnen die Verwendung von Trockenmilchprodukten für ihre Babys erfolgreich empfehlen.

Durch das durch die Milchwerbung seit Jahrzehnten aufgebaute „blütenweiss-gesunde“ Image der Milch bewirkt, dass ihr allgemein, keinerlei negative Eigenschaften zugetraut werden und dass der menschliche Körper auf Kuhmilch mit Unverträglichkeit reagieren kann, ist noch längst nicht Allgemeingut. Wahrscheinlich leiden weit mehr als 50% der Konsumenten darunter und es kommt dadurch zu Reiz- und Entzündungserscheinungen im Verdauungssystem mit der möglichen Folge rheumatisch-orthopädischer Erkrankungen. Es scheint übrigens bei nicht wenigen Verbrauchern eine Abhängigkeit, eine „Milchsucht“ zu bestehen. Diese Personen nehmen unverhältnissmässig grosse Mengen in jeglicher Form zu sich und weigern sich auch nur versuchsweise für kurze Zeit darauf zu verzichten. Dieser Verzicht ist jedoch gelegentlich sinnvoll. Durch ihn lassen sich oftmals innerhalb kurzer Zeit, Beschwerden deutlich lindern und Milchprodukte können somit als Verursacher auch vom Patienten erkannt werden.

Oder, wie macht es einem Milchbauern verständlich, dass das von ihm erzeugte Produkt Schuld an seinen Beschwerden ist. Um ihn nicht zu verärgern, am besten gar nicht. Nachdem die Schmerzen nach ein paar Behandlungen erträglich geworden sind, überreden Sie ihren Patienten zu einem „Milchexzess“. Milchprodukte in größeren Mengen lassen den Schmerzlevel in wenigen Stunden auf die anfängliche Höhe ansteigen. „Learning by doing“ und Sie als Behandler sind unschuldig.

Milch Verursacher von Osteoporose?

Mit dem in der Milch enthaltenem Kalzium wird gegen die Zivilisationskrankheit „Osteoporose“ als Gegenmittel geworben und zusätzlich mit Kalzium angereicherte Milch ist im Handel. Realität ist, dass durch Milchprodukte das Risiko an einer Osteoporose zu erkranken zunimmt. Das Problem dürfte in der heutzutage gegenüber früher enorm eiweißhaltigen Ernährung liegen. Zwei bis drei fleischhaltige Mahlzeiten sind fast die Regel. Zu Lebzeiten unserer Grosseltern kam etwa einmal pro Woche ein (stärker eiweißhaltiges) Fleischgericht auf den Tisch. Ansonsten ernährte sich diese Generation (weniger eiweißreich) von Gemüse. Da unser Körper Eiweiße nicht speichern kann, werden sie umgehend wieder ausgeschieden. Das geschieht unter Mitreißung von Kalzium. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, je höher der Eiweißkonsum ist, desto höher ist die Gefahr an einer Osteoporose zu erkranken. Für diese These spricht auch, dass in Ländern der sog. 3. Welt, in denen man sich vorwiegend mit Kohlehydraten ernährt, weil Geld für tierische Eiweiße nicht vorhanden ist, Osteoporose unbekannt ist.

Keine Vögel und doch Körnerpicker

Körnerfressende Vögel also auch Hühner haben einen speziellen Magen, der es ihnen möglich macht Getreidekörner zu verarbeiten. Das gelingt weil sie gleichzeitig mit den Körnern auch Sand herunterschlucken, der in Kombination mit der Peristaltik des Verdauungstrakts die Körner zermahlt. Menschen versuchen diesen Teil der Verdauungsarbeit durch Einweichen des Getreides zu ersetzen und halten diese Ernährungsweise für ganz besonders gesund und vital. Da hier auch wieder die Hüllen des Getreides vollumfänglich enthalten sind, ist an zweifelhaften Ballaststoffen kein Mangel. Zusätzlich sind Enzyme vorhanden, die Ungeziefer vom Korn abhalten sollen, deshalb für Menschen toxisch sind und ebenfalls Reizungen der Darmschleimhäute verursachen.

Das funktioniert frei nach dem Motto: „Selbstkasteiung und Verzicht auf Lebensfreude für jeden Christen“. Das war zumindest die unausgesprochene Zielsetzung des ersten „Körnerpapstes“ Sylvester Graham. Graham war presbyterianischer Priester hielt die vegetarische Ernährung für wirksam gegen Alkoholismus, vor allem aber auch gegen sexuelle Gelüste. Er glaubte weiter, dass eine ungesunde Ernährungsweise zu exzessivem sexuellem Verlangen führen würde. Obwohl Graham ohne Zweifel seine eigenen Ernährungs- und Lebensregeln befolgte, starb er bereits 1851 im Alter von 58 Jahren. Sein Name ist in Verbindung mit dem sog. Grahambrot, in dem Malabfälle enthalten sind, noch heute bekannt.

Der Naturheilarzt John Harvey Kellogg, der heute vor allem als Gründer der Firma Kellog´s und Erfinder der Cornflakes bekannt ist, teilte Grahams Einstellung gegenüber Sex, Alkohol und Fleischkonsum. Ja und so kam es, dass Cornflakes mit Milch weltweit zur fragwürdigen Frühstücksnorm wurden und Blähungen für den Ton dieser Zeit gehalten werden.